Mittwoch, 30. Mai 2007

Witch-Camps

"Ich habe bereits ueber den tief verwurzelten Aberglauben der Menschen hier berichtet…das Wort Aberglauben ist aber sicherlich nicht der richtige Ausdruck um das zu beschreiben, was ich hier gestern erlebt habe. Vielmehr handelt es sich um traditionelle Glaubensmuster, die sich hier seit jahrhunderten verfestigt haben. Ein Beispiel ist der Glaube an Hexen und Hexerei. Man kann sich hier mit wirklich gebildeten Hochschulabsolventen unterhalten oder mit dem “einfachen Mann” auf der Strasse…ganz egal, welche Religionszugehoerigkeit, alle glauben fest an die boese Macht der Hexen. Dabei ist es wichtig, diesen Aspekt nicht einfach als “romantische Exotik” abzutun. Es kommt hier in Nordghana zu schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, deren Tragweite ich immer noch nicht glauben kann. Vermeintliche Hexen (immer weiblich) werden hier verfolgt, wie in Deutschland vor 500 oder 600 Jahren. Der alleinige Verdacht oder die alleinige Beschuldigung, jemand ist eine Hexe reicht aus, um sie mit Gewalt aus dem Dorf zu verjagen. Vor etwa 15 Jahren hat dies noch den sicheren Tod bedeutet. Heutzutage gibt es aber sogeannte “witch-camps” also Internierungslager fuer Hexen, wo diese Menschen Zuflucht finden und ein neues Leben starten koennen. Auf das Problem wurde ich aufmerksam gemacht durch verschiedene Geistliche (einen Katholischen Missionar und einen muslimischen Imam). Deshalb haben Robert und ich gestern beschlossen, uns auf die Suche nach solch einem Lager zu machen. Das ist nicht gerade einfach gewesen, denn offiziell duerfte es diese Lager ueberhaupt nicht geben. Nahe der Togolesischen Grenze haben wir Nani, das wohl groesste Hexenlager Nordghanas aufgespuert. Dort leben etwa 700 (!!!!) Hexen unter z.T. sehr sehr sehr harten Bedingungen. Es gibt kaum zu Essen und von sauberem Trinkwasser kaum zu schweigen.

Wir haben uns mit den Hexen unterhalten und uns deren Schicksal angehoert. Auch das war nicht einfach, da wir ueber mehrere Dollmetscher in verschieden lokale Sprachen uebersetzen mussten. Eine hat erzaehlt, dass es schon ausgereicht hat, wenn jemand nicht einschlafen konnte, dann hat er eine Hexe beschuldigt. Es gibt hier auch viele z.T. toedliche Testverfahren, um herauszufinden, ob es sich wirklich um Hexen handelt. Die Hauptbeschuldigung ist jedoch wenn ein Kind stirbt, dann wir dafuer eine Hexe verantwortlich gemacht. Bei einer Kindersterblichkeit von 227 Kindern von 1000 Lebendgeburten (unter 5 Jahren) nimmt das verheerende Ausmasse an…"
Quelle

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